150-Newton-Klasse : Rettungswesten-Test: 16 Modelle im Vergleich
Karolina Meyer-Schilf
, Hauke Schmidt
, Michael Rinck
· 30.09.2020
Gut und günstig – oder teurer und sicherer, groß oder klein? Wer auf der Suche nach einer Rettungsweste ist, kann aus dem Vollen schöpfen. Rund 15 Anbieter sind auf dem deutschen Markt vertreten. Und das in der Regel mit deutlich mehr als einem Modell – es besteht also reichlich Auswahl.
Einen Anhaltspunkt bietet die normgerechte Einteilung nach Auftrieb und Einsatzzweck. Die EN ISO 12402 sieht für Seereviere die Stufen 150 Newton und 275 Newton vor – wobei die Klassen nach dem jeweiligen Mindestauftrieb benannt sind. Die Westen besitzen in der Regel jedoch mehr Volumen, was die Hersteller werbewirksam in den Produktnamen deutlich machen.
Westen der 150-Newton-Stufe gelten als Basisausstattung für seegehende Yachten, laut Norm sollen sie ohnmachtsicher und für die allgemeine Anwendung geeignet sein. Ohnmachtsicher bedeutet in diesem Zusammenhang, dass Mund und Nase des Trägers zuverlässig über Wasser gehalten werden und eine bewusstlos im Wasser treibende Person in Rückenlage gedreht beziehungsweise gehalten wird.
Knackpunkt hierbei ist die Formulierung "allgemeine Anwendung". Denn obwohl die Norm ausdrücklich von wetterfester Segelbekleidung spricht, müssen die Westen im Prüfverfahren nur bewusstlose Probanden in Badebekleidung auf den Rücken drehen.
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In der Praxis dürfte die Weste aber häufig mit Ölzeug getragen werden. Dabei bilden sich in der Hose und unter der Jacke zwangsläufig Luftpolster, die nicht selten ähnlich viel Auftrieb liefern wie eine 150-Newton Rettungsweste, nur leider auf dem Rücken und damit der geforderten Funktion der Weste entgegenwirkend. Von zuverlässiger Drehung in eine ohnmachtsichere Position kann dann keine Rede sein.
Trotzdem haben die 150-Newton-Westen ihre Daseinsberechtigung, denn längst nicht bei jedem Über-Bord-Gehen ist eine sofortige Bewusstlosigkeit zu befürchten. Zudem wird der Sturz in der Regel durch die Reling beeinflusst, wodurch der Segler entweder im Wasser gleich auf dem Rücken landet oder zumindest einen Drehimpuls bekommt. Dementsprechend war unser Proband wie in der Praxis üblich mit Ölzeug und Segelschuhen bekleidet und hat sich rücklings ins Wasser fallen lassen.
So haben wir getestet
Der Praxistest teilte sich in zwei Abschnitte: auf dem Trockenen und im Wasser. Im Vorfeld wurden alle Westen gewogen, am Beckenrand wurde die Verarbeitung des Gurtzeugs und die Verstellbarkeit bewertet. Vorteilhaft für die Bewertung war es, wenn sich die Weste im angezogenen Zustand vom Träger leicht einstellen ließ. Wichtiger Punkt war dann der Tragekomfort unter besonderer Berücksichtigung der Position der Weste im Nacken. Idealerweise geht sie weit auf den Rücken, ohne im Genick zu drücken.
Im zweiten Teil ließ sich unser Tester (Größe 1,80 Meter, Gewicht 85 Kilogramm) immer auf die gleiche Weise ins Wasser fallen. Besonderheiten bei der Auslösung wie etwa verrutschte oder von der Hülle eingeschnürte Auftriebskörper wurden fotografiert und bewertet, zudem die Schwimmlage und der Tragekomfort im Wasser mit besonderem Augenmerk auf dem Abstand zwischen den Auftriebskörpern. Besteht dort eine Lücke, bildet diese einen Kanal, der Wellen genau auf Mund und Nase des MOB leitet und zu Verschlucken oder Ersticken führen kann.
Mit einer Hilfskonstruktion am Beckenrand wurde der Abstand zur Unterlippe und zum Wasser gemessen, woraus sich der Freibord der Weste errechnen ließ – je größer der Abstand, desto besser. Des Weiteren wurde Ausrüstung wie Spraycap und Beleuchtung bewertet.
Und so schnitten die einzelnen Modelle ab:
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